Zweites Halbjahr
Tag 197/60
Die Speicher füllen sich 😉
Heute ist wieder der erste Tag wo die Chemo(8) sich bemerkbar macht was sie löblicherweise nicht macht. Mir geht es relativ gut, selbst die Knochen sind verdächtig still. 🙌
Durch die Einnahme der Blutverdünner schlafe ich etwas unruhig und die Blutdruckwerte sind Morgens teilweise etwas zu hoch mit Grad1 Hypertonie , ist zwar noch nicht beunruhigend kann es aber werden.
Nächsten Montag geht es wieder zur Blutentnahme dann werden wir sehen wie die Werte sich weiter entwickelt haben.
Ich werde, wie immer, optimistisch bleiben.
Zitat
Risiken einer unbehandelten Hypertonie können Niereninsuffizienz oder Nierenversagen, Netz- Hauteinblutungen bis zur völligen Erblindung, Schlaganfall, Herzinfarkt, plötzlicher Herztod und Arteriosklerose sein.
Tag 202/65%
Nun ist der Scheitelpunkt der Chemo Nummer acht überschritten und es geht mir zumindest physisch und organisch gut, doch die Knochen sind immer noch die Teile die mich täglich beanspruchen
Ich kann weder lang sitzen noch stehen noch gehen aber ich kann maximal liegen.😉
Die Fingerkuppen, die Zehenspitzen, die Fersen, der Hintern und die ganze rechte Seite wo die Chemo daneben floss sind pelzig taub (Polyneuropathien). Laut der behandelten Ärztin wird dies keineswegs besser werden was jedoch besonders unangenehm ist, ist das Kälteempfinden an den Händen und im Gesicht. Alles was kalt ist fühlt sich an wie tiefgekühlt und gestern bei dem Ostwind hatte ich das Eindruck das meine Haut zu kristallisieren anfängt.
Dieses Drecks_chemogift hilf zwar auf der einen Seite macht aber viele andere Zellen dauerhaft kaputt.
Vorgestern wollte ich mal wieder Autofahren musste jedoch feststellen das ich durch meine Schrumpfung kaum die Motorhaube sehen konnte, also packte ich ein 6cm Sitzkissen unter mein Gestell und freute mich das ich nun mehr als nur das Handschuhfach und den Fußraum sehen konnte.🤷♂️
Aufgrund dieser bleibenden Einschränkungen haben wir einen äußerst schmerzlichen aber vernünftigen Entschluss gefasst, wir werden unser Wohnmobil, unseren Fredo, unsere HeimatToGo 😢😢😢😢😢heuer verkaufen. Campen in meiner Konstellation ist für mich derzeit nie und nimmer möglich
Mal sehen was die Zukunft bringt doch aktuell müssen wir den Tatsachen ins Auge sehen
Nun Die Chemo Nummer 9 ist durch und hat, bis auf die üblichen Probleme wie Taubheitsgefühle etc., keine neuen Nebenwirkungen erzeugt. Die Schleimhäute machen mir weiterhin Sorgen weil die Gefahr von nicht aufhörenden Nasenbluten wegen dem Blutverdünner recht groß ist. Mittlerweile habe ich einen guten Weg zwischen sitzen, gehen und liegen gefunden. Die größte Entspannung und Erholung erreiche ich nur im liegen und mit einer Spezialmatratze. Dies ist einer der Hauptgründe warum es mir nicht mehr möglich ist aktiv zu campen.
Leider ist heute seit langem wieder ein Phänomen aufgetaucht was mir sorgen bereitet. Das Augenflimmern das ich am Anfang der Diagnose hatte trat heute wie aus dem nichts wieder auf. Man muss sich das so vorstellen als wenn man durch ein Kaleidoskop blickt wo sich von innen nach außen eine sternförmige Welle im Auge ausbreitet und nach gut einer halben Stunde verschwindet bis dahin ist es mir nicht möglich klar zu sehen.
Ich hoffe nur das dies kein schlechtes Omen ist.
Die zehnte Chemo verlief ähnlich harmlos wie die achte und neunte, doch leider wird es noch eine elfte und zwölfte geben. Die Idee vom Chefarzt ab der zehnten eine Pause einzulegen hat er wohl mit in den Urlaub genommen. Er gab keinerlei Anweisungen an seine Vertretung und somit gibt es auch keine Pause. Wenn ich die nächsten Einheiten ähnlich gut vertrage soll es mir recht sein, wobei das Fingerspitzengefühl (Polyneuropathien) sich von Mal zu Mal unangenehmer darstellt.
Aktuell benutze ich Handschuhe mit denen ich das Handydisplay ohne kribbeln bedienen kann, ja selbst das kalte Display verursacht das Gefühl von Erfrierungen.
Durch den Blutverdünner spritzt beim entfernen der Portnadel immer etwas Blut aus dem Port was aber laut Krankenschwester kein Problem sein dürfte was Sie jedoch all die Jahre noch nie gesehen hat 😮
Der Fred hoid wida 🤷♂️
Mein neues Luxusproblem ist das ich gewichtstechnisch wieder zulege und knapp an die 80Kg schramme, uffbasse 🫃jetzt wo ich diverse Klamotten durch Größe „L“ getauscht habe.
Nun bin ich seit 94Tagen ohne „Krückmann“ ausgekommen soll aber, laut meines Internisten, diese beim Spazierengehen wiederverwenden. Durch das Taubheitsgefühl in den Füßen ist meine Haltungsinstabilität sehr wackelig und die Gefahr eines Sturzes und somit ein Knochenbruch bei Knochenmarkskarzinose mit hoher Wahrscheinlichkeit gegeben, dann mach ich halt Slow-Nordic-Walking für Oide. Hauptsache ich habe keine Schmerzen👍und kann auf Schmerzmittel verzichten, umso weniger Medikamente umso besser. Leider muss ich wegen der Lungenembolie noch 50 Tage die Blutverdünner einnehmen 🤨
Aktuell pendelt sich meine Body-Batterie so bei 65% ein und ich bin schon neugierig wie sich die Chemopause auswirkt
Alles i allem bin i zufrieden
Nach Leiden und Verlusten werden die Menschen bescheidener und weiser!
Tag 232/65%
232 Tage zwischen Chemo, Nebenwirkungen, Rehabilitation und wieder Chemo.
Allmorgendlich sitze ich am Küchenfenster mit meinem Tee, den Tabletten, dem Manuka Honig, pelzigen Füßen und die mit Handschuhe geschützten brennenden Hände.
Ich beobachte das Leben und treiben außerhalb meiner Isolation. Mütter und Väter bringen ihre Kinder in die Kita, am Horizont sieht man die S-Bahn fahren und parallel dazu viele Autos und Radfahrer die auf dem Weg in die Arbeit sind.
Wie gerne wäre ich jetzt an deren Position, ich vermisse es mit dem Rad in die Arbeit zu fahren, dort mit den Kollegen bei einem Kaffee über das erlebte vom Vortag zu ratschen, fachsimpelnd über die anstehenden Aufgaben zu diskutieren und den ein oder anderen Witz zu reißen und nach getaner Arbeit zu entscheiden ob ich nun zum Joggen gehe oder ein Nickerchen auf der Couch mache, meisten gewann die Couch.
Ich vermiss es im Baumarkt, Ikea oder im Olympiaeinkaufszentrum zu bummeln. Ich vermisse es von hektischen Rentnern oder Hausfrauen im Kaufland herumgeschubst zu werden. Ich vermisse es zu entscheiden was ich die nächsten Stunden, Tage oder Wochen machen werde.
Jetzt zu Ostern würden wir normalerweise den Fredo für einen Kurztrip zum Gardasee vorbereiten doch dies ist leider nie mehr möglich.
Es ist eine bitterer Erkenntnis das der Krebs kein Schnupfen ist und bald verschwindet sondern das dieses Geschwür gekommen ist um zu bleiben und nun darüber entscheidet wie mein Leben in Zukunft aussehen wird.
In den ersten Tagen von diesem Blog hatte ich das Krebsgeschwür scherzhafter weise als „Putin“ bezeichnet, bei genauer Betrachtung ist diese Titulierung gar nicht so abwegig.
21.170 Tage hatte ich entscheiden wie mein Leben und meine Zukunft aussieht doch seit 232 Tagen hat nun das Karzinom diesen Part übernommen, dieser Despot diktiert was ich darf, kann und wie lange ich dies tun werde. Meine Freiheit besteh darin diesen Tyrannen den Krieg zu erklären mit der Hoffnung ihn zu besiegen.
Mein großes Glück ist das ich eine Partnerin habe die mich unnachgiebig unterstützt und mir hilft diesen Kampf zu gewinnen. Wir schaffen das 👍👍👍
Ich habe noch eine, eine bejahende Erkenntnis gewonnen : Ich lebe. Nur das zählt!
Genießt euer Leben, schätze jeden Tag an dem ihr entscheidet wie ihr diesen Tag erleben möchtet und das bevor ein Schreckensherrscher euer Leben grundlegend verändern möchte.
Die Spatzen und Amseln pfeifen es vom Dach, es ist Frühlingsanfang mitten in meinem Herbst
Wer hätte vor 242 Tagen gedacht das ich dieses alljährlich wiederkehrende Schauspiel erneut miterleben darf
Es macht mich glücklich und es ist so beseelend, weil die Tierwelt dir trotz aller Widrigkeiten dieser Welt zeigt das es im Leben stets weiter geht.
Der Frühling ist die Zeit der Erneuerung und des Aufbruchs, Der Frühling bringt uns Freude und Hoffnung, er lädt uns ein, nach draußen zu gehen und das Leben zu genießen. Der Frühling ist wie ein neuer Anfang, eine Chance, etwas Neues zu wagen oder Altes zu verbessern. Der Frühling ist eine wunderbare Jahreszeit!
Die Chemotherapie ist nicht das Ende meines Lebens, sondern ein neuer Anfang.
Die elfte Chemo habe ich, bis auf die bekannten pelzigen Nebenwirkungen, gut vertragen. Nun steht die letzte Behandlung an und ich bin so neugierig wie sich meine Prognose entwickelt.
Wegen der Krankheit konnten wir letztes Jahr unseren Garten und den dazugehörigen Rasen nicht winterfest machen, deshalb versuchten wir die letzten Tage erneut unser Glück und scheiterten kläglich. Ich habe nicht mal mehr die Kraft und Beweglichkeit einen Rasenmäher anzuwerfen 🥹
Mann(ich) will es nicht glauben wie schnell so eine Behinderung Dein Leben behindert.
In so einer Situation ist es beruhigend zu wissen das man Freunde hat, ein Anruf bei meinem besten Freund und er war sofort bereit mir zu helfen. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen, die einen sagen das sie Dir helfen und die anderen machen es. Danke Robert